Interview  Regionalzeitung Oberwallis
"Vor einer Richtungswahl" RZ-Wahlkampf-Interview vom 2.10.2003
Ringkuhkampf in Leukerbad vom 7.8.2003

Warten auf Mario Botta" vom 4.Juli 2002

Vorerst mit den 40-Tönnern leben" vom 19.6.2002

SP-Nationalrat und Vizefraktionschef Peter Jossen
„Die SP will zweitstärkste Partei im Wallis werden“

Leuk-Susten / Nationalrat und Ständeratskandidat Peter Jossen kämpft um seine Wiederwahl. In Bern hat er sich als Vizepräsident der SP-Fraktion einen Namen gemacht, in seiner Heimat muss er um die Wiederwahl zittern. Trotzdem ist er zuversichtlich, spricht von einer Richtungswahl und gesteht: Er sehe keinen Grund, einen CVP-Bundesrat abzuwählen.

Von German Escher und Ruth Seeholzer

Sie kommen soeben aus dem Bundeshaus zurück. Angst, dass es Ihre letzte Session war?
Angst habe ich sowieso nicht. Im Gegenteil: Im bin sehr zuversichtlich, weil Amtsinhaber einen Vorteil haben. Das Wahlvolk kann jenen, der während vier Jahren gute Arbeit gemacht hat, besser beurteilen als die Kandidaten, die bloss Versprechungen in die Welt setzen.

Die SP Unterwallis hat eine prominent besetzte Nationalratsliste. Droht Ihnen Gefahr aus dem eigenen Lager?
Wir haben bewusst eine Kampfsituation im Unterwallis, um so einen möglichst hohen SP-Wähleranteil zu erzielen und die beiden Sitze halten zu können. Es wäre verheerend gewesen, wenn im Unterwallis alle gesagt hätten, Stéphane Rossini ist gewählt. Jetzt werden die Wähler mobilisiert. Das haben Stéphane Rossini, Jean-Noël Rey und ich miteinander so abgemacht. Das ist eine faire Ausmarchung, bei der die Listen und die Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl auch die Sitze erhalten sollen.

Alle reden vom dritten Oberwalliser Sitz. Wer muss mehr zittern: Sie oder Odilo Schmid?
Zittern ist sowieso falsch. Proporzwahlen sind brutale Mathematik. Ich würde eine Abwahl von Odilo Schmid wirklich bedauern; er ist ein ausgezeichneter Nationalrat. Der siebte Sitz im Wallis ist immer ein Wackel-Mandat. Es wäre fatal fürs Wallis, wenn die SVP einen Sitz bekäme. Heute ist die SVP nur noch Blocher-dominiert. Die SVP fährt einen Crash-Kurs gegen die Randregionen und sozial Benachteiligte. Wer die SVP unterstützt, muss sich einfach bewusst sein, auf was wir uns – auch im Wallis – in Zukunft einstellen müssen.

War für Sie eine Listenverbindung rot-gelb nie ein Thema?
CSP und SP sind zwei getrennte politische Blöcke, die man nicht kurzfristig in eine Listenverbindung einbringen kann. Wenn man eine solche Allianz ins Auge fassen und gemeinsame Positionen festlegen will, muss das seriös und basisnah vorbereitet und nicht durch ein paar Delegierte beschlossen werden. Es gäbe gemeinsame Punkte: Odilo Schmid und ich haben gemeinsam gegen den Rentenklau Nägel in die Matze geschlagen. Aber in der CSP gibt es natürlich auch Exponenten wie Thomas Gsponer, der in Sozialfragen immer die Wirtschaftsposition vertritt.

Nationalrat Schmid sagt offen: Falls der gelbe Sitz verloren geht, gibt’s neue Mehrheiten. Wittert die SP im Wallis Morgenluft?
Das hängt vom Wahlergebnis ab. Gelingt es, den zweiten Sitz zu halten, bedeutet das eine Konsolidierung für die SP in der Kantonsregierung und für die zwei Nationalräte. Unser Ziel ist klar: Die SP will zweitstärkste Partei im Wallis werden. Erreichen wir das, gibt es im Wallis eine neue Wahlarithmetik, welche wir aus der Position der Stärke besser beeinflussen könnten. Verliert die SP einen Nationalratssitz, wäre das ein schlechtes Signal für die Gemeinderats-, aber auch für Staatsrats- und Grossratswahlen.

Nochmals: Wird es bei der Abwahl von Odilo Schmid bei den nächsten Staatsratswahlen zur Allianz CSP-SP und allenfalls FDP kommen?
Solche Allianzen bringen nur etwas, wenn nicht bloss Politstrategen dahinter stehen, sondern die Basis vom Konzept überzeugt ist. Aber ich bin mit Odilo Schmid einig: Falls die CSP ihren Sitz verliert, werden die Karten neu gemischt – auch innerhalb des C-Blocks. Das hängt auch davon ab, welcher Flügel sich bei der CVP durchsetzen kann.

Sie führen einen Doppel-Wahlkampf als National- und Ständeratskandidat.
Hat die SP Oberwallis zu wenig Zugpferde im Stall?

Es gibt zwei Gründe für meine Ständeratskandidatur. Erstens: Wir wollen dem Wähler eine Auswahl bieten. Die Interessen des Wallis könnten mit einem SP- und einem CVP-Vertreter im Ständerat wirkungsvoller vertreten werden. Zweitens: Hinter meiner Ständeratskandidatur steht eine bewusste Wahlstrategie, die vor allem auch von den Unterwallisern mitgetragen wird. Dank meiner Ständeratskandidatur kann ich mich im Unterwallis besser präsentieren – beispielsweise bei TV- und Radiointerviews, ohne den Unterwalliser SP-Kandidaten Sendezeit wegzunehmen. Die SP ist also breiter präsent.

Was konnten Sie als Nationalrat fürs Wallis bewirken?
Ein Einzelkämpfer kann in Bern nichts bewegen. Aber mit der SP-Fraktion haben wir doch einiges erreicht – entweder in stiller Diplomatie oder mit Vorstössen. Zum ersteren: Der Standortentscheid des SBB-Contact-Centers zugunsten von Brig wäre nicht möglich gewesen, wenn dieser zuvor schon als Erfolg der einen oder anderen Partei oder Person verkauft worden wäre. Hier habe ich die Chance gesehen und auch genutzt, in stiller Diplomatie die Weichen zugunsten des Oberwallis zu stellen. Auch mit meinen Vorstössen im Parlament habe ich doch einiges erreicht – beispielsweise eine Motion zur Verjährung von Diebstählen. In der Geschäftsprüfungskommission bin ich für den Geheimbericht der Waffenexporte zuständig. Hier konnten wir dank meines Postulats erreichen, dass der Bundesrat jetzt die Chancen der Waffenindustrie in der sogenannten Konversion prüfen muss. Konkret geht es um das Entminungsprogramm, zu dem die Schweizer Industrie wesentliche Beiträge leisten könnte.

Sie setzen sich für den Service Public wie die Erhaltung des Poststellen-Netzes ein. Trotzdem kommt das Berggebiet immer mehr unter die Räder?
Das stimmt leider. In den letzten Monaten ist ein gewaltiger Verteilungskampf ausgebrochen. Wir stehen vor einer Richtungswahl. Am 19. Oktober wird auch entschieden, welches Konzept sich durchsetzt. Entweder werden Steuern – vor allem für Gutbetuchte – gesenkt und alle staatlichen Leistungen heruntergefahren, so dass viele wichtige Institutionen oder Einrichtungen in den Kantonen gefährdet sind. Oder das andere Konzept setzt sich durch: Es braucht Ausgleichszahlungen, die über Steuern, AHV, TV-Gebühren randregionwirksam sind. Wir können nicht Steuern senken, ohne zu sagen, welche Leistungen gestrichen werden. Ohne Korrektur – beispielsweise durch das beschlossene Kantonsreferendum – wird das Berggebiet gewaltig unter die Räder kommen. Sparpolitik darf nicht von einer kurzfristigen Buchhalter-Optik geprägt sein: Wer jetzt in der Forstwirtschaft, bei Lawinenverbauungen oder beim Hochwasserschutz spart, wird später eine saftige Rechnung zu begleichen haben.

Sie sind Vize-Fraktionschef der SP Schweiz und einziges Oberwalliser Mitglied der Verkehrskommission. Trotzdem: Der Autobahnbau stockt, bevor er begonnen hat. Also doch zu wenig Einfluss?
Erstens: Die Umfahrung Visp ist nicht betroffen. Zweitens: Ich werde gegen eine Verzögerung im Autobahnbau im Oberwallis stimmen. Das Wallis braucht diese Investitionen. Ich habe auch der Fraktion klar gesagt, dass ich dem Strassenbudget zustimmen werde, weil bei uns nicht einfach neue Strassen gebaut werden, sondern solche, die man uns versprochen hat und die wir auch benötigen.

Im Öko-Test der Umweltverbände gehören Sie zu den Top-Parlamentariern. Sind Sie für oder gegen den Wolf?
Ich habe alle umweltrelevanten Vorlagen unterstützt. Aber ich bin gegen den absoluten Schutz des Wolfs. Ich kenne die Situation der Schäfer sehr gut und habe dem Postulat zugestimmt, das ein Wolfskonzept unter klarem Miteinbezug der Schäfer fordert. Aber der Wolf ist nicht das Hauptthema der Schäfer. Wichtiger ist beispielsweise eine sinnvolle, kommerzielle Nutzung der Schafwolle. Dafür habe ich mich mit Erfolg eingesetzt.

Sind Sie für die Cannabis-Legalisierung?
Ja. Ich bin für eine Entkriminalisierung des Cannabis. Wer nicht hinter jedem Paffer einen Polizist wünscht, findet es noch lange nicht toll, dass Jugendliche Cannabis rauchen. Aber es ist Riesenverschleiss an Polizisten und Ressourcen der Justiz, die sich wirklich um wichtigeres zu kümmern hätten. Die bisherige Politik hat nichts gebracht. Die Vorlage, auf die man jetzt leider nicht eingetreten ist, hätte nicht bloss die Straffreiheit des Konsums, sondern auch eine kontrollierte Anbaumethode mit Besteuerung und Kontrolle etc. gebracht. Diese Diskussion ist verschoben. Aber nach den Wahlen kommt die Cannabis-Frage nochmals aufs Tapet.

Sollte Hanf im Wallis kommerziell im grossen Stil angebaut werden?
Hanf wird ja nicht bloss zu Cannabis, sondern auch zu Textilien etc. verarbeitet. Wir verfügen mit unseren Hängen über optimale Produktionsstandorte. Das wird ja teilweise auch schon gemacht. Der Hanfanbau wäre eine Chance fürs Wallis und ein Markt der Zukunft. Aber nochmals: Ich plädiere für eine sachliche Hanf-Diskussion, in der nicht primär die Repression, sondern Prävention im Vordergrund steht. Ab 16 Jahren sollte der Cannabis-Konsum erlaubt werden, zumal wir wissen, dass die Schäden geringer sind als bei übermässigem Alkoholkonsum.

Was hat die SP eigentlich gegen die CVP?
Die SP hat auf nationaler Ebene mit der CVP oft gute Projekt auf die Schiene gebracht. Aber in den letzten Jahren ist die CVP – etwa in der Frage der Flexibilisierung des Rentenalters – von ihrer sozialen Position abgerückt. Hier bin ich gleicher Ansicht wie unsere Parteipräsidentin Christiane Brunner: Es braucht Partner, auf die man sich verlassen kann. Die CVP besteht heute faktisch aus zwei Parteien: Die eine rennt Blocher hinterher, der andere Flügel – und zu dem gehört Odilo Schmid – treten für eine soziale Politik ein. Deshalb die Aussage von Christiane Brunner: Wenn die CVP in der Sozialpolitik nicht auf das Minimalkonzept einsteigt, spielt es für die SP keine Rolle, wer im Bundesrat sitzt.

Ist die SP für eine Abwahl des CVP-Bundesrates?
Das heisst nicht, dass die SP im Dezember irgendwelche Bundesräte abwählen wird. Zur Zauberformel haben wir weder in der Fraktion noch im Fraktionspräsidium einen Beschluss gefällt. Es wird nach den Wahlen Gespräche über die Bedeutung der Zauberformel geben. Die Gespräche zielen auf einen minimalen Regierungskonsens. Aber ein eigentliches Regierungsprogramm ist mit unserer direkten Demokratie und dem dreistufigen Modell Bund-Kanton-Gemeinde nicht realistisch.

Wird die Zauberformel im Dezember beibehalten?
Klar, fragt sich nur in welcher Zusammensetzung (lacht). Eines weiss ich sicher: Ich werde keinen zusätzlichen SVP-Bundesrat wählen.

Und auch keinen CVP-Bundesrat abwählen?
Ich habe keinen Grund, mit den amtierenden CVP-Bundesräten nicht zufrieden zu sein. Ich bin mir bewusst, dass Joseph Deiss und Ruth Metzler zur CVP gehören wie Kaspar Villiger zur FDP. Wenn man den Bundesrat wählt, muss man sich im Klaren darüber sein, dass man auch Leute, die von deren Parteien aufgestellt werden, wählt. Man muss das Selbstbestimmungsrecht der Parteien respektieren. Das ist meine Haltung auch für die Bundesratswahlen im Dezember – sofern ich dann noch dem Nationalrat angehören werde...

Die Vorbereitungen für den geplanten Umbau des Schlosses Leuk laufen

Warten auf Mario Botta

 Leuk-Stadt / Einst war der Spatenstich auf 2001 angesetzt. Inzwischen will man sich nicht mehr auf Prognosen einlassen. Eines steht fest: Das Schloss Leuk wird umgebaut. Aber Stararchitekt Mario Botta, der für dieses grossartige Projekt gewonnen werden konnte, hat momentan keine Zeit.

 Von Ruth Seeholzer

1996 hat die Gemeinde Leuk nach einem einstimmigen Urversammlungsentscheid der Stiftung Schloss Leuk das Schloss, die ehemalige Peterskirche und die Turmwiese für 50 Jahre zur Nutzniessung zur Verfügung gestellt. Die Stiftung will das unter Denkmalschutz stehende Schloss stil- und fachgerecht restaurieren.

„Feiner Kerl!“
„Mit Botta zu bauen ist das Interessanteste, was dir im Leben passieren kann“, begeistert sich Nationalrat und Stiftungsausschusspräsident Peter Jossen-Zinsstag. Aber wahrscheinlich auch etwas vom Aufreibendsten. Eine Hauptsitzung mit Botta, an der er die von ihm gewünschten Materialien hätte angeben sollen, ist aus Zeitmangel geplatzt. „Botta hat einen Grossauftrag an der Mailänder Scala gefasst“, erklärt Jossen die Verzögerung. Zwar sind für das Schloss Leuk die Vormeinungen eingeholt und auch schon verschiedene Gelder gesprochen worden. Aber: „Erst wenn wir den genauen Kostenvoranschlag haben, können wir die entsprechenden Subventionsgesuche einreichen“, erklärt Jossen. Dann schmunzelt er und meint: „Wir sind halt quasi Bittsteller bei Botta.“

Werbung fürs Wallis
Die Stiftung will das Schloss einer neuen Nutzung zuführen. „Das Schloss soll im Sinne eines Wahrzeichens wirken, ein Ort sein, der Sinne und Seele fordert und fördert“, heisst es im Stiftungsprospekt. Im Stiftungsrat sitzen Schweizer Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Kultur. „Es ist nun nicht mehr ein kommunales, sondern ein schweizerisches Projekt“, erklärt Peter Jossen. „Das Interesse im ganzen Land ist gross. Und Stararchitekt Mario Botta ist und bleibt ein Highlight für unser Schloss.“

Der Spatenstich wurde nun auf Frühjahr 2003 angesetzt.

Interview vom 19.Juni 2002

Peter Jossen

Leuk-Susten / Brig / Bern / Seit drei Jahren vertritt er als SP-Politiker das Wallis im Nationalrat. Kürzlich wurde er zum Vize-Fraktionschef der SP gewählt: Peter Jossen, Advokat und Notar aus Leuk-Susten. Im RZ-Interview spricht er unter anderem über den Zustand der SP-Fraktion, die NEAT, die 40-Tönner und die Wahlen 2003.

Von German Escher und Ruth Seeholzer

Seit kurzem amten Sie als Vize-Fraktionschef der SP im Bundeshaus. Was ist die Motivation für ein solches Amt?

Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass die SP die eidgenössischen Wahlen 2003 gewinnt. Ich komme sehr gut aus mit der neuen Fraktionschefin Hildegard Fässler ­ und zwar nicht nur in der Mannschaft des FC Nationalrat. Ihre Vorstellungen von diesem Amt decken sich mit meinen Ansichten. Um beim Fussballer-jargon zu bleiben: Wir wollen als Mann-schaft auftreten und die verschiedenen Stars unserer Fraktion im richtigen Moment aufs Spielfeld schicken.

Sie sehen sich also als Assistenztrainer?

Das stimmt, aber auf gleicher Ebene wie die Cheftrainerin. Ich habe diese Funktion übrigens schon im Walliser Grossen Rat ausgeübt ­ damals gemeinsam mit Stephane Rossini. Auch da konnte ich bereits gewisse Erfahrungen im Umgang mit Stars sammeln... (schmunzelt).

Die Schlagzeilen der letzten Wochen bestätigen aber das Bild einer zerstrittenen SP. Ist da der Vize-Fraktionschef nicht eher Dompteur als Assistenztrainer?

Das mag durchaus sein. Dompteur heisst für mich, dass man die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Fraktion bereinigt und auch nach aussen vertritt. Allerdings muss ich klar sagen: Der Eindruck, der durch die Medien vermittelt wird, ist schlechter als die Stimmung in der Fraktion. Aber wir müssen dieses Bild korrigieren und geeinter nach aussen auftreten.

Die Sicherheitsdiskussion der SP hat ja aufgezeigt, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Ein falsches Zitat im Blick" führte zu diesen internen Auseinandersetzungen. Es hat nie jemand eine Quote für Ausländer in unseren Schulen gefordert. Die SP-Spitze hat hier zu spät reagiert und hätte diese Blick-Meldung sofort korrigieren müssen. Das Sicherheitsthema ist ein berechtigtes Anliegen. Aber ich bin klar der Meinung: Mit dem Sicherheitsthema kann die SP keine Wahlen gewinnen. Mit der Sicherheitsfrage würden wir lediglich der SVP den roten Teppich ausrollen. Unsere zentralen Themen sind die soziale Sicherheit, Kaufkraft und die Krankenkassenprämien. Ich bin froh, dass diese Sicherheitsdiskussion nicht in der heissen Phase des Wahlkampfes losging. Aber wir müssen zu diesem Thema eine Position haben und deshalb haben wir ein Papier in Auftrag gegeben...

...und darin stehen radikale Forderungen wie DNA-Registrierung von Kleinkriminellen etc. Das sind schon Postulate, die man eher der SVP statt der SP zutraut.

Die DNA-Erfassung wird von der SP sicher nicht unterstützt. Das Sicherheitspapier war eine Diskussionsgrundlage eines aussenstehenden Fachmannes. Viele Positionen sind sehr umstritten und müssen jetzt von den einzelnen Arbeitsgruppen begutachtet werden, bevor wir in der Partei eine breite Diskussion zu diesem Thema führen. Erst dann gibt es verbindliche Aussagen der SP, an der sich die Partei auch messen lässt.

Zurück zu Ihnen: Sind Sie mit Ihrer Wahl zum Vize-Fraktionschef den Schatten ihres Vorgängers Peter Bodenmann losgeworden?

Ich fühle mich nicht im Schatten von irgendjemandem. Ich habe davon profitiert, dass viele Leute ­ auch die SP-Präsidenten ­ für diese Partei gut gearbeitet haben.

Peter Bodenmann wurde damals ein etwas zu eigenmächtiger Führungsstil vorgeworfen. Heute ist das Gegenteil der Fall ­ die SP ist führungsloser denn je, und das anderthalb Jahren vor den Wahlen?

Ich habe die Amtszeit von Peter Bodenmann als SP-Präsident intensiv miterlebt. Die politischen Ziele und die Form, wie er die Partei auf Vordermann gebracht hat, haben wir alle unterstützt. Im Vergleich dazu hat die jetzige Parteipräsidentin Christiane Brunner zwei Nachteile für dieses Amt: Sie ist eine Romande und eine Ständerätin. Ein Deutschschweizer Nationalrat hat es da einfacher ­ auch in der Arena". Trotzdem: Ich bin zuversichtlich, dass die neue Führungsequipe die SP erfolgreich in die Wahlen führen wird.

A propos Wahlen: Mit ihrer Wahl zum Vize-Fraktionschef haben Sie sich weitere Medienpräsenz gesichert. Trotzdem wird Ihre Wiederwahl sehr schwierig?

Die Medienpräsenz ist ein wunderbarer Nebeneffekt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man in Bern ohne Gegenkandidaten einen Vize-Fraktionschef mit Akklamation wählen würde, wenn kantonalpolitische Überlegungen ausschlaggebend gewesen wären. Am 14. Juni vor drei Jahren kam ich anstelle von Thomas Burgener in den Nationalrat. Und ich sass von Anfang an auf einem Schleudersitz. Dass ich im Herbst 1999 überhaupt wiedergewählt wurde, war aufgrund der Ausgangslage fast ein Ding der Unmöglichkeit. Das wird im nächsten Herbst aufgrund der zu erwartenden Listenverbindungen nicht leichter sein. Die SP Wallis muss im Herbst 2003 gewaltig zulegen, damit Peter Jossen im Nationalrat bleibt.


Die SP muss den zweiten Sitz verteidigen?

Das stimmt. Und es wird zugleich auch eine Oberwallis-Unterwallis-Thematik. Das ganze könnte sich zuspitzen auf die Frage: Gehe ich als Oberwalliser SP-Nationalrat mit guten Aussichten aufs Präsidium der Geschäftsprüfungskommission oder geht ein Unterwalliser SVP-Mann ­ beispielsweise Oskar Freysinger - nach Bern. Das haben die Wähler zu entscheiden. Das erhöht die Spannung, aber auch den Einsatz der einzelnen.

Sie sitzen unter anderem in der Kommission für Fernmeldewesen und Verkehr, die fürs Oberwallis wichtig ist. Was ist hier Ihr Hauptanliegen?

Ganz klar die Arbeitsplätze ­ und zwar bei der Swisscom, den SBB und der Post. Hier verstärkt sich der Trend, dass auf die regionalpolitischen Überlegungen kaum noch Rücksicht genommen wird. Es ist uns gelungen, diese Tendenz zu brechen ­ beispielsweise mit der Ansiedlung des SBB-ContactCenters in Brig. Aber man muss in der Schweizerischen Politik stattfinden und es braucht gute Konzepte, um Arbeitsplätze ins Oberwallis zu holen.

Aus Oberwalliser Sicht stehen verschiedene Verkehrsfragen auf dem Tapet. Was halten Sie vom Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels?

Ich bin im Comitée d'intérêts Simplon-Lötschberg (CISL), das vor kurzem die Forderung nach dem Vollausbau des Basistunnels bekräftigt hat. Es geht einzig und alleine darum, wie man diese Forderung durchsetzt. Ein Vollausbau des Basistunnels braucht eine Änderung der NEAT-Beschlüsse. Das ist nach Einschätzung vieler zurzeit nicht realistisch, weil die NEAT ein riesiges, regionalpolitisches Paket ist, das niemand ohne Folgen aufknüpfen darf. Unser Ansatz ist ein anderer: Es wird Bauverzögerungen am Gotthard geben. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Gotthard-Staus wollen wir an einem runden Tisch aufzeigen, dass auf der Lötschberg-Simplon-Achse Verlagerungskapazitäten möglich sind. Dann hat die Forderung nach einem Vollausbau auch nicht einen Berner oder Walliser Beigeschmack.

A Propos Schwerverkehr: Auch das Oberwallis leidet unter den 40-Tönnern. Was sagt da der eidgenössische Verkehrspolitiker dazu?

Alle wussten, dass bis zur Inbetriebnahme des ersten Basistunnels 2006 eine schwierige Übergangszeit zu bewältigen ist. Man kann in dieser Zeit die LSVA nicht voll abschöpfen und damit beispielsweise die Zahl der Leerfahrten nicht verringern. Deshalb gibt es Kapazitätsengpässe, die sich bei einem Unfall wie jenem im Gotthardtunnel noch massiv verschärfen. Wir müssen ehrlich sein: Bis zur Eröffnung der NEAT gibt es keine andere Möglichkeit, als den Schwerverkehr zu verteilen. Da gehört der Simplon dazu. Man weiss überall, dass die Situation unerträglich ist, nicht nur im Oberwallis, sondern auch im Bündnerland. Aber dieses Problem lässt sich nicht von heute auf morgen lösen. Hier muss man an die Geduld der Oberwalliser appellieren. Bis zur NEAT-Eröffnung müssen wir mit den 40-Tönnern leben.

Aber man könnte doch jetzt eine provisorische Umfahrung in Visp bauen. Das wäre doch keine Hexerei. Da fehlt es wohl am politischen Willen...

Ich glaube, dass im Staatsrat und Parlament der politische Wille da ist. Aber das ist eine kantonale Angelegenheit, in die ich nicht involviert bin.

Aber aus der Ferne betrachtet: ein Provisorium in Visp ist doch einleuchtend.

Natürlich. Man muss alles mögliche unternehmen, um die schwierige Zeit bis zur NEAT-Eröffnung möglichst gut zu überbrücken.

Sie hatten kürzlich noch einen zweiten Wahlerfolg. Sie wurden zum Präsidenten der Schweizer Wanderwege gewählt. Haben Sie überhaupt noch Zeit zum Wandern?

Das ist eine Definitionsfrage. Wenn ich zuhause bin, laufe ich jeden Tag fast eine halbe Stunde ­ unter anderem durch den Pfynwald ­ zum Bahnhof. Da spüre ich immer wieder, wie wertvoll es ist, sich ungestört bewegen und Eindrücke verarbeiten zu können. Ohne diesen Arbeitsweg" könnte ich mein tägliches Programm kaum bewältigen. Wandern hat auch einen meditativen Aspekt.

Und der politische Aspekt des Wander-Präsidenten?

Man hat mich als Mitglied der Verkehrskommission für dieses Amt angefragt. Und das macht durchaus Sinn: Alles, was man unter Langsamverkehr" zusammenfasst, wird immer wichtiger. In den Agglomerationen wie in den Tourismuskreisen stellt man fest, dass man Wandern, Velofahren oder Inlineskating fördern und in die verkehrspolitischen Überlegungen miteinbeziehen muss. Das betrifft die Städte ebenso wie die Erholungsgebiete. Sanfter Tourismus, die Erhaltung historischer Wege, die Kombination mit einheimischen Produkten usw. sind mir besondere Anliegen.

Ein Flair für Landwirtschaft haben auch Sie persönlich. Sie haben ja sogar ein Kamel zu Hause?

Das stimmt. Als Bub wollte ich Bauer werden. Das ist mir gründlich vergangen, als ich als Verdingbub erfahren musste, wie hart die Landwirtschaft ist. Als wir nach Leuk kamen, hat meine Gattin mit eigenen Pferden ihren Kindertraum erfüllt. Deshalb sind wir später in den Pfynwald umgezogen. Hier kann ich mich erholen. Es ist ein Privileg, in einem solchen Refugium zu leben. Aber hier engagiert sich vor allem meine Frau. Ich sage nur: Wenn schon Leder, dann lieber in Form eines Fussballs

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